Weibliche Zielgruppen

Startwohnungen für Frauen in Ausbildung. Wohnsituation und Wohnbedürfnisse

Kristýna Zámečníková
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Studierendenstadt Wien – Umfrage zu studentischem Wohnen

Wien ist eine der größten deutschsprachigen Studierendenstädte mit jährlich steigender Bevölkerungszahl. Mehr als die Hälfte der Studierenden sind Frauen und rund 30% sind ausländischer Herkunft. Studien weisen auf eine Unterversorgung des Marktes für studentisches Wohnen hin. Diesem gegenüber steht ein steigender Bedarf nach Startwohnungen für junge Erwachsene in Ausbildung.

Wie ist die Wohnsituation von jungen Erwachsenen in Ausbildung hinsichtlich Zugang und Leistbarkeit von Wohnen? Mittels einer eigens erstellten online-Umfrage wurde erhoben welche Möglichkeiten, Herausforderungen und Bedürfnisse und welche Einflüsse auf Ausbildungsentscheidungen es gibt. Im Dezember 2020 beantworteten insgesamt 51 Studierende, die in Wien ihre Ausbildung absolvieren, die 77 Fragen. 67% waren Frauen, 33% Männer, drei Viertel waren zwischen 19 und 24 Jahren alt.

Fragenkomplexe umfassten Wohnsituation und –geschichte, Zugang zum Wohnungsmarkt, Leistbarkeit von Wohnen, Zufriedenheit mit der Wohnsituation und Bedeutung des ersten eigenständigen Wohnens. Insbesondere ist der Unterschied zwischen Frauen und Männern von Interesse.

Umfrage: Sind sie aufgrund Ihrer Ausbildung vor dem Ausbildungsbeginn umgezogen?

FRAUEN
74% antworten mit Ja
26% antworten mit Nein

MÄNNER
59 % antworten mit Ja
41% antworten mit Nein

Einschränkungen bei Zugang zu Wohnformen

Die am häufigsten genutzte Wohnform ist ein Zimmer in der Wohngemeinschaft. Der herausforderndste Faktor bei der Wohnungssuche in Wien sind Kosten.

Umfrage: Wie ist Ihre aktuelle Wohnform? (Frauen)

Als Alternative zum privaten Wohnungsmarkt bietet die Wohnberatung Wien mittels Wiener Wohn-Ticket kostengünstiges Wohnen. Eine der Grundvoraussetzung für das Wohnen in einer Gemeindewohnung ist jedoch die Meldung an einer Wiener Hauptwohnsitzadresse für mindestens 2 Jahre. 21% der befragten Frauen und 29% befragten Männer erfüllen dieses Kriterium nicht. Auch Studierende, die keine Staatsbürgerschaft eines EU oder EWR-Landes bzw. der Schweiz oder keinen Status “Daueraufenthalt-EU“ haben, sind benachteiligt. Die Hälfte der Befragten gibt an, die Zugangsbedingungen für Gemeindewohnungen gar nicht zu kennen. Die Informiertheit über Zugangsbedingungen für Genossenschafts- und SMART-Wohnungen ist sogar noch geringer und liegt nur bei 30% der Teilnehmer*innen.

Weitere Wohnbedarfsgründe zielen auf junge Erwachsene ab, die den Elternhaushalt verlassen wollen, jedoch nicht auf diejenigen, die schon selbständig leben und ihre Wohnsituation ändern wollen. Die Wartezeiten für gewünschte Gemeinde- oder Genossenschaftswohnungen sind zu lange für Personen, die mit Ausbildungsstart eine Wohnung beziehen wollen. Für viele ist eine Startwohnung am privaten Immobilienmarkt die einzige Alternative.

Umfrage: In welchem Umfang hat Ihr Einkommen Ihre Wohnungssuche beeinflusst? (Frauen)

Einkommen von Studierenden versus Wohnungskosten

Junge Erwachsene zählen zur unteren Einkommensgruppe. Laut der Umfrage haben Studierende im Durchschnitt monatlich 1.216€ zur Verfügung. Die bedeutendsten Einkommensquellen am Anfang der Ausbildung sind die Unterstützung der Familie und Erwerbstätigkeit. Die Zuwendung von Eltern oder anderen Verwandten spielt eine große Rolle für das Gesamtbudget der Frauen und Männer in Ausbildung. Die Höhe der elterlichen Unterstützung ist vor allem von der sozialen Herkunft abhängig. Je niedriger der Bildungsstatus der Eltern, desto höher ist der Anteil des eigenen Erwerbseinkommens am studentischen Budget.

Die Mittel, die Studierende zur Verfügung haben, sind in der Alterskategorie unter 21 Jahren sehr ähnlich, bei Frauen sogar etwas höher. Mit steigendem Alter wird das durchschnittliche Gesamtbudget der Studenten höher als das durchschnittliche Gesamtbudget der Studentinnen. Der Unterschied wächst mit dem steigenden Anteil der Erwerbstätigkeit. Der Gender-Pay-Gap ist schon jetzt erkennbar, Männer in Ausbildung verfügen über ein höheres Erwerbseinkommen.

Die befragten Studierenden, die nicht bei ihren Eltern oder anderen Verwandten wohnen, geben im Durchschnitt 37% ihres Gesamtbudgets für Wohnen aus. Gleichzeitig finanziert ein Viertel der Studierenden Leben und Studium mit weniger als 790€ pro Monat. Das niedrigste Gesamtbudget der befragten Männer beträgt zwischen 600-699€ monatlich. 24% der Frauen in Ausbildung haben weniger als 499€ pro Monat zur Verfügung. Gleichzeitig haben sie durchschnittlich höhere Wohnkosten als Männer.

Umfrage: Wie hoch ist Ihre monatliche Miete? (Frauen)

Umfrage: Wie hoch ist Ihre monatliche Miete? (Männer)

Die durchschnittlichen Mietkosten der befragten Frauen sind um 2% höher als jene der befragten Männer. Die Mehrheit der Studierenden gibt an, sie bevorzugen geringere Wohnkosten. 32% der Frauen und 25% der Männer erachtet ihre Mietkosten als angemessen. Nur 16% der Frauen im Vergleich zu 31% der Männer könnten sich leisten, auch mehr zu bezahlen. Diese Unterschiede bilden ab, dass Startwohnungen für Frau in Ausbildung schlechter leistbar sind.

Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche

Die Frage, ob sie bei der Wohnungssuche Schwierigkeiten hatte, bejahten 62% der Frauen in Ausbildung. Im Vergleich dazu gaben nur 6% der Männer in Ausbildung an, Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche zu haben.

Umfrage: Welche Schwierigkeiten hatten Sie bei der Wohnungssuche? (Frauen)

Umfrage: Mussten Sie wegen diesen Schwierigkeiten Ihre Entscheidungen für die ursprünglich geplante Wohnungsform ändern?

FRAUEN
21 % antworteten mit Ja
79% antworteten mit Nein

MÄNNER
6 % antworteten mit Ja
94 % antworteten mit Nein

Bedeutung finanzieller Unterstützung

Die wichtigsten Entscheidungsgründe für eine Ausbildung in Wien sind nach Angabe der Befragten die Lebensqualität und das Studienangebot. Frauen erachten auch Wohnkosten und Studiengebühren als wichtige Faktoren. Die finanzielle Unterstützung bei der Entscheidung über Ausbildung und Wohnform ist für Frauen sehr bedeutsam. Nur 12% Frauen geben an, dass sie auch ohne finanzielle Unterstützung die Möglichkeit für andere Wohnform hatten, demgegenüber beträgt der Anteil bei Männern 59%.

Umfrage: Hätten Sie ohne finanzielle Unterstützung die Möglichkeit, sich für eine andere Ausbildung oder berufliche Entwicklung zu entscheiden?

FRAUEN
60 % antworten mit Nein
40 % antworten mit Ja

MÄNNER
41 % antworten mit Nein
59 % antworten mit Ja

Wohnzufriedenheit

Trotz höherer Wohnkosten besteht eine allgemeine Zufriedenheit mit der derzeitigen Wohnsituation. Auf einer Skala von 1 (sehr zufrieden) bis 6 (sehr unzufrieden) bewerten Frauen in Ausbildung ihre Zufriedenheit mit 2,21 und Männer mit1,88 . An ihrer derzeitigen Wohnsituation bemängeln Frauen am meisten die Lage der Wohnung, den Mangel an natürlichem Licht sowie die Größe der Wohnung / des Zimmers. Männer bemängeln am meisten die Lage der Wohnung, die Größe der Wohnung / des Zimmers, die Mitbewohner*innen/Nachbar*innen sowie fehlenden Abstellraum.

Bedeutung von Ausbildung und damit verbundenem Umzug für die persönliche Entwicklung

Trotzdem die Mehrheit der Befragten (Frauen 62%, Männer 59%) einen gewissen Komfortverlust mit dem Auszug aus dem Elternhaus zugibt, werden die Schritte des Umzugs in eine Startwohnung mit dem Ausbildungsbeginn von ihnen als sehr wichtig erachtet. Teilnehmer*innen der Umfrage geben bestimmte emotionale Veränderungen an, die hauptsächlich nach dem Umzug stattgefunden haben.

Umfrage: Waren Sie nach Ausbildungsbeginn oder nach dem Umzug aus dem Elternhaushalt / anderer Wohnform mit emotionalen Veränderungen konfrontiert? (Frauen)

Fazit

Insgesamt wird die große Bedeutung der leichten Zugänglichkeit und Leistbarkeit der Startwohnungen für Frauen in Ausbildung ersichtlich.

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